Der innere Winter

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Du hast inzwischen erfahren, wie der Menstruationszyklus abläuft, hast einen ersten Überblick über das Modell der inneren 4 Jahreszeiten erhalten und gelernt, wie du deinen eigenen Zyklus beobachten und besser verstehen kannst. In dieser Lektion lernst du nun die Besonderheiten der ersten Jahreszeit kennen: deines inneren Winters.
Der innere Winter beschreibt die Tage während und evtl. kurz vor deiner Menstruation. Während er bei einigen Menstruierenden an Tag 1 der Menstruation beginnt, startet er bei anderen schon 1 bis 2 Tage vorher. Als Orientierung kann diese Jahreszeit demnach z. B. von Zyklustag 27 bis 5 oder auch von Tag 1 bis 6 gehen. Wann dein persönlicher Winter beginnt, findest du heraus, indem du deine Bedürfnisse betrachtest. Fühlst du dich bereits ein paar Tage vor deiner Periode ruhig und ziehst dich zurück? Oder hast du hingegen das Gefühl, dass deine gesamte Lutealphase (dein innerer Herbst) bis zur nächsten Blutung sehr turbulent ist, d. h. geprägt von starken Schwankungen deiner Stimmung und Bedürfnisse? Achte darauf, wann bei dir das Gefühl von Ruhe und Rückzug beginnt – dann befindest du dich in deinem inneren Winter.
Erinnerst du dich an den Ablauf des Menstruationszyklus? Wir befinden uns am Anfang deiner Follikelphase. Zu dieser Zeit baut sich deine Gebärmutterschleimhaut ab – es kommt zur Menstruationsblutung. Dein Hormonspiegel der Östrogene und des Progesterons sowie dein Kräftehaushalt sind nun auf dem niedrigsten Stand im gesamten Zyklus. Genau wie die Natur im Winter ruht und sich regeneriert, tut es auch der menstruierende Körper in dieser Phase.

Besondere Eigenschaften & mögliche Stärken

Der innere Winter hält eine Reihe besonderer Eigenschaften und Stärken für dich bereit. Als Übergang zu einem neuen Zyklus steht er symbolisch für Ende und Neubeginn. Ähnlich wie im Winter der Natur wächst in dieser Phase in dir das Bedürfnis nach Rückzug. Dadurch erhältst du die Möglichkeit, in Stille und Ruhe für dich selbst zu sorgen und dich zu regenerieren. Der Winter bietet dir außerdem die Gelegenheit, deine eigene Intuition zu spüren. Da du in dieser Phase tendenziell mehr Klarheit empfindest, ist auch deine Reflexionsfähigkeit gestärkt. Es fällt dir leichter, eine Balkonperspektive einzunehmen und von außen auf Situationen in deinem Leben zu blicken. Aus diesem Grund ist dein innerer Winter eine passende Zeit, um über Prozess- und Strategieanpassungen nachzudenken oder um Pläne für neue Projekte zu schmieden.

Mögliche Herausforderungen

Neben diesen möglichen Stärken kann der innere Winter jedoch auch Herausforderungen für dich bereithalten. Dazu zählen vor allem Symptome wie (starke) Schmerzen, Erschöpfung oder eine starke Blutung, die dich in deinem Alltag einschränken. Vor allem, wenn du während deiner Menstruation arbeitest oder pflegerische, erzieherische oder haushälterische Aufgaben übernimmst, die sich nicht aufschieben oder delegieren lassen, kann es herausfordernd sein, dir Pausen zu nehmen. Häufig ist der innere Winter also keine Phase mit vollem Fokus auf dich und Zeit für Reflexion. In solchen Fällen kann er dir als Übung dienen, kleine Momente der Ruhe in deinen Alltag einzubauen.
Eine weitere mögliche Herausforderung kann außerdem auftreten, wenn du zu schnell in deinen inneren Frühling startest. Vielleicht kommt dir das bekannt vor: Deine Menstruation ist gerade vorbei und du denkst „Jetzt habe ich endlich wieder mehr Energie und kann mich meinen Projekten widmen!“ – doch nicht so schnell! Teile dir deine Energie ein und tue deinem Körper etwas Gutes, indem du den Übergang zum Frühling langsamer angehst.

Selbstfürsorge

Vor dem Hintergrund dieser möglichen Stärken und Herausforderungen ist es für dich wichtig, dass du in deinem inneren Winter für dich selbst sorgst. Nutze diese Phase, um dich auszuruhen und deinen Fokus auf deine Regeneration zu legen – vor allem, wenn du von Menstruationsbeschwerden betroffen bist. Gehe deinen Alltag in dieser Zeit bewusst langsamer an und nimm dir Zeit für dich. Durch diese Momente, in denen du ganz bei dir bist, stärkst du die Verbindung zu dir selbst. Zudem erlebst du dadurch deine Reflexionskraft und Intuition noch intensiver. Achte während deiner Periode also unbedingt auf die Signale deines Körpers und verlange nicht zu viel von dir.
Während deines inneren Winters für dich zu sorgen und auch trotz privater und beruflicher Verpflichtungen auf deine Bedürfnisse einzugehen, kann herausfordernd sein. Im Folgenden findest du einige Tipps, die dir dabei helfen können:
  • Ruhigen Arbeitsplatz suchen: Arbeite nach Möglichkeit im Homeoffice oder suche dir vor Ort einen ruhigen Arbeitsplatz.
  • Pausen nutzen: Nimm dir, falls möglich, mehr oder längere Pausen. Gehe z. B. eine Runde spazieren oder setze dich mit einer Tasse Tee ans geöffnete Fenster und schließe für einen Moment deine Augen.
  • Passende Kleidung wählen: Trage bequeme, ggf. weite Kleidung, in der du dich wohlfühlst.
  • Weniger private & berufliche Termine einplanen: Wenn du deine Menstruation regelmäßig bekommst, könntest du diese Tage sogar in deinem Kalender blocken und weniger private und berufliche Termine in dieser Zeit planen. So vermeidest du das schlechte Gewissen, wenn du dich für eine Absage entscheidest. Wenn es dein Beruf erlaubt, kannst du während dieser Phase eher Zeit für Stillarbeit und weniger berufliche Termine einplanen bzw. diese bewusst verschieben. Spreche dich hierfür ggf. mit deiner Führungskraft und deinem bzw. deiner Partner:in ab.
  • Gegenseitig unterstützen: Wenn du Kinder hast, könnte es hilfreich sein, dich mit anderen Elternteilen auszutauschen und Unterstützung anzubieten. Vielleicht könnt ihr euch gegenseitig helfen und eure Kinder an den ersten oder zweiten Tagen der Menstruation abwechselnd betreuen. Dies kann eine große Entlastung bieten. Bei der Arbeit könntest du bei Bedarf Kolleg:innen um Unterstützung bei deinen Aufgaben bitten. In deiner Frühlings- und Sommerphase kannst du ihnen dann wiederum Hilfe anbieten.
  • Überstunden abbauen: Baue – falls möglich – angesammelte Überstunden ab, um dich während der Menstruation zu entlasten.
  • Krankmeldung nutzen: Melde dich ggf. krank, wenn dich deine Menstruationsbeschwerden zu stark einschränken. Ruhe dich lieber aus, anstatt dich zur Arbeit zu quälen. Das stärkt deine Gesundheit und Produktivität auf lange Sicht.
Außer den bisher genannten Methoden gehören auch Ernährung und Bewegung zu deiner Selbstfürsorge. Im Folgenden erfährst du, wie zyklussensible Ernährung und zyklusachtsame Bewegung dich in deinem Winter unterstützen können.

Ernährung

Deine Ernährung hat eine große Auswirkung auf deine Gesundheit und Zykluserfahrung. Generell gilt: Wähle gesunde und frische Lebensmittel, um deinen Hormonhaushalt zu unterstützen. Wusstest du, dass eine angepasste Ernährungsweise sogar bei zyklischen Krankheiten wie dem Polyzystischen Ovarialsyndrom (PCOS) das Wohlbefinden steigern und Beschwerden reduzieren kann? Im Folgenden erfährst du, auf welche Nährstoffe du in deinem inneren Winter besonders achten solltest und welche weiteren Lebensmittel dir in dieser Zeit guttun. Nutze diese Liste gerne als Orientierung und erweitere sie ggf. um Lebensmittel, die du magst. Fallen dir vielleicht schon Gerichte ein, die du demnächst ausprobieren möchtest?
Tipp: Als Eselsbrücke kannst du dir überlegen, worauf du Lust hast, wenn gerade im Außen Winter ist. Isst du in der kalten Jahreszeit z. B. lieber etwas Warmes und Nährendes, während du im Sommer etwas Leichteres bevorzugst?
Achte in deinem inneren Winter vor allem auf diese Nährstoffe:
  • Magnesium, z. B. enthalten in: Nüssen, Vollkorn, Hülsenfrüchten und Brokkoli
  • Vitamin C, z. B. zu finden in: (insbesondere roter) Gemüsepaprika, Kohl, Zitrusfrüchten, schwarzen Johannisbeeren und Petersilie
  • Vitamin A, z. B. enthalten in: Möhren, Kürbis, Süßkartoffeln, grünem Gemüse (z. B. Spinat, Grünkohl, Feldsalat), Aprikosen und Milchprodukten
Hinweis: Vitamin A ist fettlöslich. Damit dein Körper es optimal aufnehmen kann, ist also immer eine kleine Menge Fett erforderlich. Achte deswegen bei der Zubereitung von Vitamin A-haltigen Lebensmitteln darauf, dass du sie zusammen mit etwas Fett verzehrst, z. B. in etwas Öl angebraten oder als Salat mit Öl-Dressing.
  • Vitamin B12, z. B. zu finden in: Fisch, Milchprodukten, Eiern, in pflanzlichen Alternativen dieser Produkte oder – in Absprache mit deiner ärztlichen Fachperson – durch die Einnahme eines Nahrungsergänzungsmittels
  • Vitamin K, z. B. enthalten in: grünem Gemüse (Grünkohl, Spinat, Brokkoli und Rosenkohl), Rapsöl und Haferflocken
  • Omega-3, z. B. zu finden in: Fisch, Walnüssen, Leinsamen und Chiasamen
  • Eisen, z. B. enthalten in: Hülsenfrüchten, Nüssen, Samen, Weizenkleien, Haferflocken und dunkler Schokolade
Tipp: Verzichte für eine bessere Eisenaufnahme 30 Minuten vor und nach der Eisenzufuhr auf Koffein und Tein. Kombiniere das eisenhaltige Lebensmittel für eine bessere Aufnahme außerdem mit Vitamin C-Quellen, z. B. Müsli mit Beeren und Orangensaft oder eine Gemüsepfanne mit roter Paprika, Brokkoli, Kichererbsen und Sesam.
Außerdem können dich diese weiteren Anpassungen deiner Ernährungsweise im inneren Winter unterstützen:
  • Entzündungsfördernde Lebensmittel meiden: Vermeide stark industriell verarbeitete, zuckerhaltige und frittierte Lebensmittel, Alkohol, rotes Fleisch und Weißmehlprodukte.
  • Verdauung unterstützen: Wähle leicht verdauliche Lebensmittel (z. B. Reis, Tofu, gedämpftes Gemüse, Quinoa, Joghurt und Kefir), um deine Verdauung zu unterstützen.
  • Essen planen & vorkochen: Plane dein Essen für die Phase der Menstruation und mache vorher einen Großeinkauf. Koche dir nach Möglichkeit ein paar Gerichte vor, sodass du dich im inneren Winter regenerieren kannst und trotzdem nahrhafte Speisen zu dir nimmst.
  • Ausreichend trinken: Trinke während deines inneren Winters ausreichend Wasser, um deine Verdauung zu unterstützen und Müdigkeit zu reduzieren.
Tipp: Hast du schon von Seed-Cycling gehört? Seed-Cycling ist eine beliebte Methode, um den Hormonhaushalt zu unterstützen. Dabei verzehrst du täglich 2 Esslöffel (EL) gemahlene Kerne und Samen: In Phase 1, in deinem inneren Winter und Frühling, isst du je 1 EL Kürbiskerne und Leinsamen. In Phase 2, im inneren Sommer und Herbst, sind es je 1 EL Sesam und Sonnenblumenkerne. Mahle die Samen und Kerne am besten frisch für eine Woche und bewahre sie luftdicht verschlossen im Kühlschrank auf. Ergänze damit z. B. dein Müsli, einen Salat oder Smoothie. Die positive Wirkung von Kernen auf Hormonbalance ist nachgewiesen, jedoch nicht die Reihenfolge, in der sie für den Zyklus empfohlen werden. Sie wirken entzündungshemmend und unterstützen die Produktion von Zyklushormonen durch wertvolle Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren.

Bewegung

Eine regelmäßige körperliche Aktivität trägt dazu bei, dein Wohlbefinden während deiner Periode zu stärken und kann deine Schmerzen reduzieren. Es ist jedoch wichtig, dass du diese Aktivitäten nicht nur während deiner Periode, sondern auch vorbeugend im gesamten Menstruationszyklus in deinen Alltag integrierst.
Erinnerst du dich noch an die Lektion zu den inneren 4 Jahreszeiten im Überblick, genauer die Vorteile von Zyklusbewusstsein? Durch zyklusachtsame Bewegung passt du deine Trainings- und Bewegungsphasen an deinen Zyklus an und nutzt so die Eigenschaften deiner Zyklusphasen für dein Training. Mit der Berücksichtigung hormoneller Schwankungen und unterschiedlicher Energielevel erzielst du so bessere Trainingsergebnisse und minimierst dein Verletzungsrisiko. Wie bei der Ernährung gibt es in Sachen Bewegung aber auch nicht die eine Vorgabe für alle. Finde daher heraus, was dir individuell in deinem Zyklus guttut.
Wenn du regelmäßig Sport treibst, ist es entscheidend, deinem Körper während deiner Blutung auch die nötige Ruhe und Regeneration zu gönnen. Reduziere in den Tagen kurz vor und während deiner Menstruation also deine Trainingsintensität und baue kürzere und leichtere Bewegungseinheiten ein, z. B. Spazierengehen, leichtes Yoga oder Fahrradfahren. Leichte Bewegung kann krampflösend wirken und vor allem Bewegung an der frischen Luft tut dir jetzt gut.
Hinweis: Es ist ratsam, in Bewegung zu bleiben, selbst wenn du unter Krämpfen leidest. Leichte Bewegung kann dazu beitragen, die Muskulatur zu entspannen und die Beschwerden zu lindern. Wichtig ist jedoch, dass du dich nicht überforderst und auf die Signale deines Körpers achtest. Jeder Mensch ist unterschiedlich, daher ist es entscheidend, auf dein eigenes Wohlbefinden zu hören und die Bewegung an dein individuelles Befinden anzupassen.

In dieser Lektion hast du dein Wissen zur inneren Jahreszeit des Winters und damit zu der Phase deiner Menstruation vertieft. In den folgenden 3 Lektionen erfährst du, wie du mit Menstruationsbeschwerden besser umgehen kannst und lernst Bewegungen sowie eine Entspannungsübung kennen, die du während deines inneren Winters anwenden kannst.
Dieser Artikel wurde von Evermood erstellt und zuletzt am aktualisiert.
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