Die persönlichen Grenzen schützen
ÜbungHast du oft Schwierigkeiten damit, deine persönlichen Grenzen gegenüber anderen souverän aufrechtzuerhalten? Im stressigen Alltag und bei hohen Erwartungshaltungen kann es eine echte Herausforderung sein, gesunde Grenzen zu setzen und einzuhalten. In dieser Übung findest du daher heraus, was dich oft davon abhält, deine Grenzen zu schützen. Denn indem du verstehst, was dich davon abhält, deine Grenzen durchzusetzen, kannst du diese Blockaden auflösen und daran wachsen.
Weißt du bereits, was deine Grenzen und wichtigsten Werte sind? Falls nicht, oder falls du sie nochmal reflektieren möchtest, findest du in deinem Workbook eine Übung dazu. Nimm dir ausreichend Zeit und beantworte die Fragen in Ruhe. Gehe dann diese Lektion durch und erarbeite mithilfe der zweiten Übung zu dieser Lektion in deinem Arbeitsheft, wie du deine Grenzen besser schützen kannst.
1. Ein Zeichen setzen
Nachdem du herausgefunden hast, was deine Grenzen und wichtigsten Werte sind, gilt es nun, zu diesen zu stehen und diese einzuhalten. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen, denn diese neue Gewohnheit muss sich erst richtig etablieren. Während dieser Zeit wirst du wahrscheinlich öfter in deine alten Muster zurückfallen und zulassen, dass deine Grenzen überschritten werden. Das ist vollkommen normal und gehört zum Lernprozess dazu.
An dieser Stelle ist es jedoch wichtig, dass du mit dir selbst ein Zeichen vereinbarst, welches dich daran erinnert, deine Grenzen zu setzen. Dieses Zeichen wird dich wieder auf deinen Weg zurückholen und dir bewusst machen, in welche Richtung du dich bewegen möchtest. Es sollte daher am besten ein Zeichen sein, das du körperlich fühlst oder spürst. Hier findest du einige Beispiele, wie ein solches Zeichen aussehen kann:
- Ein Armband, das du nur für diesen Zweck trägst. Jedes Mal, wenn dein Blick auf das Armband fällt, hältst du kurz inne, um dir deine Grenzen bewusst zu machen und dir Mut zuzusprechen, zu diesen Grenzen zu stehen.
- Ein Ring, den du als Symbol für deine Werte trägst. Auch mit ihm kannst du dir deine Grenzen in Erinnerung rufen, z. B. indem du ihn von einem Finger abnimmst und auf einen anderen aufsteckst.
- Ein körperliches Signal, wie z. B. ein unauffälliges Tippen. Beispielsweise kannst du immer dann, wenn du eine Grenzüberschreitung zugelassen hast, mit deinem rechten Zeigefinger auf deine linke Handoberfläche tippen. Diese Geste hilft dir dabei, für einen kurzen Moment zu pausieren und dir bewusst zu machen, dass du eine Grenzüberschreitung zugelassen hast.
Diese Beispiele können dir als Inspiration dienen – du kannst mit dir selbst zu diesem Zweck jedes beliebige Signal ausmachen.
Der Sinn dieser Übung ist ganz simpel: Je öfter du dir bewusst machst, dass und wann deine Grenzen überschritten wurden, desto schneller gewinnst du ein ziemlich gutes Gefühl dafür, auf welche Situationen du achten musst. Diese Form der Achtsamkeit hilft dir dabei, dir deiner eigenen blinden Flecke bewusst zu werden.
Definiere also nun ein Zeichen für dich, was dir dabei hilft, kurz innezuhalten und dir die Grenzüberschreitung bewusst zu machen. Verwende diese Technik dann einige Tage lang bewusst, um mehr über dein Verhallten zu erfahren und in den nächsten Schritt überzugehen. Natürlich kannst du auch verschiedene Zeichen für dich ausprobieren, um herauszufinden, welches für dich am besten funktioniert.
2. Persönliche Blockaden & Muster erkennen
Hast du dein Zeichen aus dem ersten Schritt einige Tage ausgeführt, wird dir wahrscheinlich Folgendes aufgefallen sein: Es ist gar nicht so einfach, deine Grenzen immer souverän zu setzen, oder? Wenn du verstehen möchtest, warum es dir manchmal echt schwerfällt, deine Grenzen gesund zu stecken, musst du einen Blick auf die Blockaden und Ängste hinter ihnen werfen. Als Erstes ist es hierfür hilfreich, Muster in deinem Verhalten (der vergangenen Tage) zu erkennen. Nimm dir dafür einen ruhigen Augenblick und beantworte einmal die folgenden Fragen:
- Wo fällt es dir besonders schwer, deine Grenzen zu setzen bzw. einzuhalten?
- Ist es immer wieder bei den gleichen Menschen?
- Kommt es immer wieder bei den gleichen oder ähnlichen Situationen vor?
Indem du Muster in deinem Verhalten erkennst, verstehst du auch deinen tieferliegenden Antrieb. Das folgende Beispiel kann dir das verdeutlichen: Eine Frau, nennen wir sie Anne, beobachtet sich selbst und erkennt ein bestimmtes Muster. Bei gewissen Kolleg:innen, zu denen sie einen emotionalen Bezug hat, kann sie ihre Grenzen nicht gut setzen. Bei anderen Menschen, zu denen sie kein emotionales Verhältnis hat, ist es für sie sehr leicht, ihre Grenzen gesund einzuhalten. Das ist ein Muster, das Anne seit langem begleitet. Es hat einen Grund, warum sie genau dieses Muster in ihrem System etabliert hat. Doch bevor du mehr dazu erfährst, woher Annes Muster kommt, überlege dir erst mal, was dein Muster ist, bevor du mit dem dritten Schritt fortfährst.
3. Versteckte Angst herausfinden
Wenn du dein Muster aufgedeckt hast, geht es nun darum, herauszufinden, welche Angst hinter diesem Muster steckt. Im vorherigen Beispiel hat Anne Angst, Kolleg:innen zu enttäuschen, wenn sie ihre Grenzen setzt. Und zwar nicht irgendwelche Kolleg:innen, sondern jene, die ihr nahe sind. Darüber hinaus hat Anne Angst, von diesen Menschen verlassen zu werden. Diese Ängste hindern Anne daran, ihre Grenzen bei ihr nahestehenden Menschen zu setzen. Nun ist die Frage: Welche Angst steckt hinter deinem Muster?
Nimm dir ausreichend Zeit, um über diese Frage nachzudenken. Notiere dir anschließend 3 bis 4 verschiedene Satzenden für die folgende Aussage: „Wenn ich meine Grenzen setze (und damit mein Muster durchbreche), habe ich Angst, dass …
- A passiert.”
- B passiert.”
- C passiert.”
- D passiert.”
Jetzt hast du deine konkreten Ängste für dich festgehalten und aufgeschrieben. Stelle dir nun abschließend die folgenden Fragen:
- Warum hast du diese Ängste, die du oben genannt hast?
- In welcher Zeit deines Lebens sind diese Ängste entstanden?
- Sind diese Ängste noch begründet oder gehören sie einer Zeit an, die dir heute nicht mehr dienlich ist?
4. Ängste loslassen
Du kennst jetzt die konkreten Ängste, deretwegen es dir schwerfällt, deine Grenzen konsequent einzuhalten. Mache dir daher einmal das Folgende bewusst: Diese Ängste hast du irgendwann einmal aufgebaut, damit sie dich beschützen. Sie hatten also eine Daseinsberechtigung. Nun bist du aber nicht mehr in dieser Phase. Du bist gewachsen und weiter gekommen. Wenn du diese Ängste also nicht mehr brauchst, darfst du dir das bewusst machen und sie loslassen.
Tipp: Das Loslassen kann einige Zeit in Anspruch nehmen. Hierbei wird es dir sehr helfen, wenn du dir in den jeweiligen Situationen immer wieder bewusst machst, dass du diese Ängste hast – ohne sie zu bewerten. Allein diese Erinnerung kann dich enorm dabei unterstützen, zu erkennen, dass die meisten deiner Ängste heutzutage keinen Grund mehr haben, dich beim Setzen deiner Grenzen zu blockieren. Je besser du deine Ängste erkennst und sie auflöst, desto einfacher wird es dir fallen, deine Grenzen bei der Arbeit einzuhalten.
Nun bist du dem souveränen Schutz deiner persönlichen Grenzen ein ganzes Stück näher gekommen! Bitte beachte jedoch, dass diese Übung ein kontinuierlicher Prozess ist. Sensibilisiere dich also weiterhin geduldig für deine Verhaltensweisen und deine dahinter liegenden Ängste. Du kannst diese Übung auch wiederholen – z. B. dann, wenn du neue Verhaltensweisen an dir bemerkst und du für dich neue Grenzen festlegen möchtest. So wirst du mit der Zeit immer besser darin, deine Grenzen einzuhalten und Grenzüberschreitungen abzuwehren.
Nachdem du dich nun mit deinen persönlichen Grenzen beschäftigt hast, wartet in der nächsten Lektion eine kräftigende Sporteinheit für deinen inneren Sommer auf dich.
Dieser Artikel wurde von Evermood erstellt und zuletzt am aktualisiert.