Konstruktiv mit inneren Antreibern umgehen

Beitrag
Ein enger Zeitplan, unvorhergesehene Ereignisse, die eigenen Ansprüche und Erwartungen, die Sorge um die Gefühle anderer Menschen - es gibt viele Gründe, warum wir in unserem Alltag ab und zu gestresst sind oder in einen dauerhaften Stresszustand geraten können. In einigen Fällen können jedoch auch die sogenannten inneren Antreiber bzw. Glaubenssätze für ein solches Stresserleben verantwortlich sein - ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Sie bestimmen nämlich mit, wie wir unter Druck reagieren und können als regelrechte Stressverstärker wirken.
Aus diesem Grund ist es wichtig, sich mit seinen inneren Antreibern auseinanderzusetzen. Dafür kannst du im ersten Schritt deine inneren Antreiber zunächst identifizieren. Solltest du bisher noch nicht wissen, welche Antreiber deine stärksten Stressauslöser sind, kannst du dies in unserem entsprechenden Beitrag zu Antreibern und Glaubenssätzen herausfinden.
Im nächsten Schritt geht es darum, die eigenen Antreiber mit Gegenmaßnahmen und sogenannten Erlaubern auszugleichen. Als Erlauber werden positive Glaubenssätze bezeichnet, mit denen die eigenen negativen, antreibenden Glaubenssätze umgekehrt werden können, um so zu mehr Entspannung im Alltag zu gelangen. Solche Erlauber-Sätze und Maßnahmen, um den eigenen Antreibern entgegen zu wirken, werden dir in diesem Beitrag vorgestellt.

„Sei perfekt!"

Hast du oft das Gefühl, nicht gut genug zu sein und alles noch viel besser machen zu müssen? Dann könnte der innere Antreiber „Sei perfekt!” einer deiner Stressverstärker sein. Einerseits kann der Drang zum Perfektionismus hilfreich dabei sein, sehr gute Leistungen zu erbringen sowie präzise und sorgfältig zu arbeiten. Andererseits entstehen bei einer zu starken Ausprägung ein Bedürfnis übermäßiger Kontrolle über unsere Umwelt und andere Menschen, das Gefühl sich rechtfertigen zu müssen und eine übermäßige Angst vor Fehlern.
Mit diesem Antreiber kann es häufig vorkommen, dass du dich gestresst fühlst, weil du dich z.B. in Details verlierst und Schwierigkeiten hast, ein Projekt zu beenden. Wenn du bemerkst, dass dieser Stress von deinem inneren Streben nach Perfektionismus herrührt, kann es helfen, dir einen passenden Erlauber zurechtzulegen. Zum Beispiel könntest du dir sagen:
  • „Ich bin gut genug, so wie ich bin.“
  • „Niemand ist perfekt.”
Außerdem kann es dir in solchen Augenblicken helfen, in dich zu gehen, dir die folgenden Fragen zu stellen und wenn nötig die Rückmeldung anderer einzuholen:
  • Welche Folgen hätte ein Fehler wirklich?
  • Lohnt sich der Aufwand, Verbesserungen vorzunehmen?
  • Drängt die Zeit? Fehlen noch Einzel­heiten?

„Beeil dich!"

Bist du der Meinung, Dinge oft noch schneller erledigen und noch mehr schaffen zu müssen? Dann könnte der innere Antreiber „Beeil dich!” ein Grund für deinen Stress sein. Natürlich kann ein Sinn für Dringlichkeit sehr hilfreich bei der zügigen Erledigung von Aufgaben, dem Einhalten von Terminen und Deadlines sein. Eine übermäßige Ausprägung erzeugt jedoch ein konstantes Gefühl gehetzt zu sein, nie alles zu schaffen und viel zu verpassen.
Auch bei diesem inneren Stressor ist es wichtig, beim Aufkommen innerer Unruhe, Hektik und Stress kurz innezuhalten und sich einen Erlauber-Satz zu sagen, zum Beispiel:
  • „Ich darf mir die Zeit nehmen, die ich brauche.“
  • „Wenn ich einen Schritt nach dem anderen nehme, gerate ich nicht ins Stolpern.”
Neben einem solchen Erlauber kann es dir im Alltag helfen, …
  • anderen so lange zuzuhören, bis sie fertig gesprochen haben und sie bis dahin nicht zu unterbrechen.
  • selbst bewusst langsamer zu sprechen und dein Gegenüber zu fragen, ob er oder sie dich versteht.
  • dir innerlich „Stopp!” zu sagen und die eigenen Gedanken neu zu sortieren, wenn du bemerkst, dass du gerade wieder mehrere Dinge gleichzeitig tust.
  • bewusst Ruhepausen zum Durchatmen und Entspannen in den Tagesablauf zu integrieren.

„Streng dich an!"

Sitzt du bis spät abends noch im Büro, möchtest unbedingt zu den Besten gehören und hast du das Gefühl, wenn etwas leicht gegangen ist, war es nichts wert? Diese Denk- und Verhaltensweisen deuten auf den inneren Antreiber „Streng dich an!” hin. Zwar sind Leistungswille, Durchhaltevermögen und Motivation sehr gute Komponenten für Erfolg, doch wenn dieser Antreiber überhand nimmt, darf Arbeit keinen Spaß mehr machen und jede Tätigkeit, auch in der Freizeit, wird zu einer anstrengenden Herausforderung.
Aus diesem Grund ist es auch hier wichtig, den eigenen negativen Glaubenssätzen mit passenden positiven Erlaubern zu begegnen. Beispiele hierfür könnten sein:
  • „Ich darf mich auch mal entspannen und Erfolge genießen.“
  • „Ich kann bei einer Tätigkeit Spaß haben und gleichzeitig erfolgreich sein.”
Zusätzlich kann es im beruflichen und privaten Alltag hilfreich sein, …
  • die Anforderungen einer Aufgabe zu prüfen und darauf zu achten, nur das Vereinbarte zu tun.
  • eine Checkliste anzulegen, um nichts Wichtiges zu vergessen.
  • auf kreative Weise zu versuchen, langweilige Aufgaben interessant zu gestalten.
  • dir realistische und messbare Ziele für die eigene Arbeit zu setzen, um dir deine Erfolge vor Augen zu halten. Vergiss außerdem nicht, deine Erfolge anschließend zu feiern!
  • auch mal Dinge zu machen, die für dich einfach mit Freude verbunden sind. Das kann zum Beispiel ein Spaziergang, ein Schaumbad oder das Hören deiner Lieblingsmusik sein.

„Mach es allen recht!"

Hast du das Gefühl, du müsstest immer alle zufrieden­stellen, weil du sonst wertlos bist? Fürchtest du dich vor der Ablehnung anderer und willst, dass es allen Personen um dich herum gut geht - auch wenn das Stress und Belastung für dich bedeutet? Dann könnte der innere Antreiber „Mach es allen recht!” dein Stressverstärker sein. Natürlich sind die Sorge um Mitmenschen, Empathie und Hilfsbereitschaft wertvolle Attribute für starke zwischenmenschliche Beziehungen. Doch wenn die eigenen Wünsche und Bedürfnisse dagegen immer weiter zurückbleiben, die Furcht vor Zurückweisung Beziehungen bestimmt und Neinsagen schwer fällt, wird das zur Belastung.
Aus diesem Grund solltest du auch hier versuchen, empathischer mit dir selbst zu sein und in Momenten, in denen du dich wieder mehr um andere sorgst als um dich selbst, kurz innezuhalten und dir zu sagen:
  • „Ich darf Nein sagen.”
  • „Meine Bedürfnisse und Wünsche sind wichtig.“
Zusätzlich kann es dir im Alltag helfen, wenn du …
  • übst, Nein zu sagen und aussprichst, wenn dir etwas nicht gefällt. Niemand wird dich deswegen unsympathisch finden.
  • andere nach ihren Wünschen und Meinungen fragst, anstatt dir den Kopf darüber zu zerbrechen.
  • dir selbst öfter etwas Gutes tust und auch mal andere um einen Gefallen bittest.
  • freundlich aber bestimmt Grenzen setzt.
  • versuchst, weniger Fragen zu stellen und dafür mehr eigene Vorschläge zu machen.

„Sei stark!"

Bist du der Meinung, dass es niemand bemerken darf, wenn du dich schwach, empfindlich oder ratlos fühlst? Holst du dir auch unter größtem Druck keine Unterstützung und versuchst immer, deine Haltung und äußere Fassade zu bewahren? Dann könnte bei dir der innere Antreiber „Sei stark!” überwiegen. Emotionale Stärke und eine gewisse Kontrolle über die eigenen Gefühle können gerade in Krisenzeiten viel Halt geben, insbesondere auch für andere. Gefühle auch mal zeigen zu können ist jedoch sehr wichtig, um starke Beziehungen aufzubauen und Vertrauen zu schaffen. Zwanghaftes Unterdrücken von Emotionen ist dagegen ungesund.
Auch bei diesem inneren Stressor ist es wichtig, die eigenen negativen Gedankenmuster in belastenden Situationen durch positive Erlauber zu ersetzen. In diesem Fall könnten das z.B. die folgenden Sätze sein:
  • „Wenn ich Gefühle zeige, bin ich stark.”
  • „Ich bin offen und drücke meine Wünsche aus.”
Außerdem kann es in deiner Kommunikation, deinem Verhalten und deiner Alltagsgestaltung hilfreich sein, …
  • auch mal andere Menschen um Hilfe zu bitten, z.B. wenn du nicht weiter weißt oder dir Aufgaben schwer fallen. Wenn du in einer Führungsposition bist, übe dich darin, Aufgaben zu delegieren und abzugeben. Beobachte dabei über die nächste Zeit: Ist die Beziehung zu anderen nicht viel besser geworden, seit du dir helfen lässt?
  • für einen körperlichen und emotionalen Ausgleich zu sorgen, indem du beispielsweise einer Freizeitbeschäftigung nachgehst, die dir einfach nur Spaß macht.

Das waren die fünf inneren Antreiber und beispielhafte Wege, wie du im (beruflichen) Alltag konstruktiver mit ihnen umgehen kannst. Unabhängig davon, welche Antreiber bei dir am präsentesten sind - halte ab und zu inne, wenn du dich gestresst fühlst und reflektiere deine Gefühle. Probiere einfach verschiedene der hier aufgezeigten Strategien aus und überprüfe, welche sich für dich am besten eignen. Darüber hinaus kannst du natürlich selbst kreativ werden und dir z.B. eigene Erlauber-Sätze formulieren.
Wenn du dir mehr Unterstützung zum Thema Stress wünschst, stehen dir unsere weiteren Beiträge und die hier angegebenen Ansprechpersonen zur Seite.

Dieser Artikel wurde von Evermood erstellt und zuletzt am aktualisiert.