Innere Stressverstärker im Überblick

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Warum gelingt es einigen Menschen, trotz ähnlicher äußerer Umstände einen gelassenen Umgang mit Stress zu finden, während andere von ihm überwältigt werden? Was sind eigentlich die sogenannten inneren Stressverstärker, die unsere Gedanken und Überzeugungen beeinflussen und letztendlich unsere Reaktion auf Stress bestimmen? Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, lernst du in diesem Beitrag die fünf häufigsten Stressverstärker genauer kennen. Dabei erfährst du nicht nur, wie Gedanken und Glaubensmuster unseren Stress beeinflussen, sondern auch, wie genau diese Stressverstärker funktionieren und welche Auswirkungen sie haben können.
Hinweis: Erinnerst du dich an die 3 Ebenen der Stressampel? Gerade befindest du dich auf Ebene 2, die sehr eng mit der Säule des mental-kognitiven Stressmanagements verknüpft ist. Dieser Bereich konzentriert sich auf den Umgang mit inneren Stressverstärkern. Hierbei geht es darum, sich selbstkritisch eigener stresserzeugender oder -verschärfender Einstellungen und Bewertungen bewusst zu werden, diese allmählich zu verändern und förderliche Einstellungen und Denkweisen zu entwickeln. Wenn du weitere Informationen zur Stressampel oder zum Stressmanagement wünschst, kannst du diese gerne den entsprechenden Beiträgen hier in der Mediathek entnehmen.

Der Einfluss von Stressverstärkern

Stressverstärker sind im Grunde genommen Gedanken- und Glaubensmuster, die unseren Stress intensivieren und unser Wohlbefinden beeinträchtigen können. Sie sind tief in unserem Unterbewusstsein verankert und beeinflussen unsere Wahrnehmung, unsere Emotionen sowie unser Verhalten. Diese inneren Stressverstärker können subtil sein und sich in verschiedenen Lebensbereichen manifestieren, wodurch sie oft unbemerkt bleiben.
Um das genauer zu verstehen, versetze dich einfach mal in folgendes Beispiel hinein:
Flussdiagramm mit verschiedenfarbigen Feldern. Das erste Feld ist hellflieder. Inhalt des Feldes: „Situation: Zusätzlich zu deiner vielen Arbeit bekommst du von deiner Führungskraft eine neue Aufgabe zugeteilt – mit der Bemerkung, dass hierfür ein fähiges Teammitglied gebraucht werde“. Darunter zeigt ein Pfeil zum darunter liegenden goldgelben Feld: „Situation einschätzen: Nun schätzt du diese Situation ganz automatisch auf eine der folgenden 3 Arten ein“. Darunter sind drei goldgelbe Felder nebeneinander. Inhalt des ersten Feldes: „irrelevant: Okay, das mache ich mit. Alles Routine!“. Inhalt des zweiten Feldes: „stressbezogen: Wenn das nur gut geht. Ich darf jetzt keinen Fehler machen. Ich werde mich blamieren. Oder: Das ist die Chance! Ich werde alles geben”. Inhalt des dritten Feldes: „positiv bzw. günstig: „Interessante Tätigkeit! Endlich mal was Neues. Gut, dass ich dafür ausgewählt wurde”. Unter jedem dieser Felder ist ein Pfeil, der nach oben und nach unten zeigt. Darunter ist ein goldgelbes Feld: „Eigene Kompetenzen einschätzen: Parallel dazu schätzt du deine eigenen Kompetenzen ein. Zum Beispiel kommen dir unterbewusst Gedanken wie: Bisher habe ich neue Aufgaben immer gepackt. Ich bin diesem ständigen Druck nicht gewachsen. Oder: Was ich nicht kann, kann ich lernen.” Darunter zeigt ein Pfeil mit einem Fragezeichen zum darunter liegenden kornblumenblauen Feld: „Stressreaktion: Aus deiner eigenen Einschätzung der Situation in Kombination mit deinen eigenen Kompetenzen entsteht dann die Stressreaktion“.
Wie du anhand dieses Beispiels möglicherweise bereits bemerkt hast, entsteht Stress zu einem erheblichen Teil im Kopf. Unsere Wahrnehmung von bestimmten Situationen in Verbindung mit unseren eigenen Fähigkeiten spielt eine entscheidende Rolle bei unserem Stressempfinden.

Die 5 häufigsten Stressverstärker

Nun weißt du, dass Stress in erster Linie das Ergebnis persönlicher Bewertungen ist. Daher ist es umso wichtiger, dass du deine eigenen stressverschärfenden Gedanken erkennst, achtsam wahrnimmst und sie allmählich veränderst. Bevor du damit jedoch in den weiterführenden Beiträgen bzw. Selbsttests beginnen kannst, werden dir zunächst die 5 häufigsten Stressverstärker vorgestellt.

1. „Sei perfekt!” oder „Ich muss perfekt sein.”

Der Stressverstärker des Perfektionismus wurzelt im tiefen Bedürfnis nach Erfolg und Anerkennung durch herausragende Leistungen. Die Motivation, etwas nicht nur gut, sondern bestmöglich zu machen, treibt uns an. Doch wenn dieses Streben nach Perfektion überhandnimmt, kann das zu einem permanenten Zustand der Anspannung führen – insbesondere in Situationen, in denen Misserfolge oder eigene Fehler passieren können. Menschen, die vom perfektionistischen Leistungsstreben geprägt sind, setzen sich oft einem enormen Druck aus, damit sie keine Fehler machen und stets die Erwartungen übertreffen. Dies zeigt sich in Verhaltensweisen wie der ständigen Überarbeitung von Aufgaben, dem Streben danach, jede Kleinigkeit persönlich zu kontrollieren oder der Unfähigkeit, Fehler bei anderen zu akzeptieren.
Wie dieser Stressverstärker unser Denken und Handeln prägt, verdeutlichen die folgenden Beispielsätze:
  • Ich liefere einen Bericht erst ab, wenn ich ihn mehrere Male überarbeitet habe, um sicherzustellen, dass er perfekt ist.
  • Ich versuche, die an mich gestellten Erwartungen zu übertreffen, indem ich immer nach höchster Qualität strebe.
  • Ich kümmere mich um viele Details persönlich, um sicherzustellen, dass nichts dem Zufall überlassen wird.
  • Es fällt mir schwer, Leute zu akzeptieren, die nicht präzise genug sind, da ich hohe Standards anlege.
  • Wenn ich eine Arbeit mache, dann mache ich sie gründlich, um sicherzustellen, dass sie allen Anforderungen entspricht.
  • Ich sollte viele Aufgaben noch besser erledigen, um meine eigenen hohen Ansprüche zu erfüllen.
  • Ich kümmere mich persönlich auch um nebensächliche Dinge, weil ich den Drang habe, alles unter Kontrolle zu haben.
  • Ich sage oft „genau“, „exakt“, „klar“, „logisch“ und ähnliche Wörter, um sicherzustellen, dass alles präzise und perfekt ist.
Diese Sätze zeigen, wie der Perfektionismus unseren Alltag durchdringt und uns oft dazu treibt, übermäßigen Druck auf uns selbst auszuüben.

2. „Sei beliebt!” oder „Ich will es allen recht machen.”

Das Bedürfnis nach zwischenmenschlicher Verbundenheit und Akzeptanz ist tief in uns verwurzelt und treibt uns dazu an, für andere da zu sein und uns um ihre Bedürfnisse zu kümmern. Doch wenn dieses Verlangen übermäßig wird und unsere eigenen Wünsche sowie Bedürfnisse in den Hintergrund drängt, kann das zu einer starken Belastung führen. Menschen, die stark von dem Streben nach Beliebtheit geprägt sind, neigen dazu, sich selbst zurückzustellen und sich aufopfernd zu verhalten, um von anderen akzeptiert und geliebt zu werden. Sie haben aus Angst vor Ablehnung oder Konflikten Schwierigkeiten, Grenzen zu setzen und nein zu sagen. Dies zeigt sich in Verhaltensweisen wie dem Bedürfnis, immer mehr zu sagen, als eigentlich nötig wäre, oder der Tendenz, sich ständig um die Bedürfnisse anderer zu kümmern, selbst auf Kosten der eigenen Bedürfnisse. Das Bedürfnis nach zwischenmenschlicher Verbundenheit kann zu einem dauerhaften Zustand der Anspannung führen – insbesondere in Situationen, in denen Kritik oder Zurückweisung drohen.
Dies zeigt sich in Beispielsätzen wie:
  • Menschen, die mit mir zu tun haben, sollen sich wohlfühlen, selbst wenn es bedeutet, meine eigenen Bedürfnisse hinten anzustellen.
  • Ich sage oft mehr, als eigentlich nötig wäre, um sicherzustellen, dass andere mich mögen und akzeptieren.
  • Ich bin diplomatisch und vermeide es, Konflikte anzusprechen, selbst wenn es mich persönlich belastet.
  • Bei Diskussionen nicke ich häufig mit dem Kopf, um anderen zuzustimmen und keine Spannungen zu erzeugen.
  • Ich stelle meine eigenen Wünsche und Bedürfnisse oft zugunsten anderer zurück, um ihre Zustimmung zu gewinnen.
  • Es ist für mich wichtig, von anderen akzeptiert zu werden, selbst wenn es bedeutet, meine eigenen Überzeugungen zu opfern.
  • Es ist mir unangenehm, andere Menschen zu kritisieren, da ich Angst habe, ihre Zustimmung zu verlieren.
  • Ich versuche oft herauszufinden, was andere möchten, um mich danach zu richten und ihre Zustimmung zu gewinnen.
Diese Sätze verdeutlichen, wie das Streben nach Beliebtheit und Akzeptanz unser Verhalten beeinflusst und uns dazu treibt, uns selbst zugunsten anderer zurückzustellen.

3. „Sei unabhängig!” oder „Ich mach das lieber selbst und schaffe das allein.”

Die Sehnsucht nach Selbstbestimmung und Unabhängigkeit ist eine natürliche menschliche Neigung, die uns dabei hilft, unser Leben eigenständig zu gestalten und Herausforderungen zu meistern. Doch wenn dieses Streben nach Autonomie überhandnimmt und zu einem Zwang wird, kann es zu einer starken Belastung führen. Menschen, die sehr von dem Verlangen nach Unabhängigkeit geprägt sind, neigen dazu, ihre eigenen Probleme alleine zu bewältigen und Schwierigkeiten für sich zu behalten, selbst wenn sie Hilfe benötigen. Sie zeigen wenig Verständnis für Fehler und Schwächen, weshalb es ihnen schwerfällt, Vertrauen aufzubauen und sich anderen gegenüber zu öffnen. Das Bedürfnis nach Autonomie kann zu einem permanenten Zustand der Selbstisolierung führen, der die zwischenmenschlichen Beziehungen beeinträchtigen und letztendlich zu Erschöpfung führen kann.
Dies zeigt sich in Verhaltensweisen wie:
  • Ich zeige meine Schwächen nicht gern und behalte meine Probleme lieber für mich.
  • Ich habe eine harte Schale, aber einen weichen Kern, den ich nur selten zeige.
  • Ich löse meine Probleme lieber allein, ohne um Hilfe zu bitten.
  • Für dumme Fehler habe ich wenig Verständnis und bin sehr selbstkritisch.
  • So schnell kann mich nichts erschüttern, da ich stets nach außen Stärke demonstriere.
  • Es fällt mir schwer, Gefühle zu zeigen und mich anderen gegenüber zu öffnen.
  • Meine Probleme gehen die anderen nichts an, daher behalte ich sie für mich.
  • Im Umgang mit anderen bin ich auf Distanz bedacht und halte mich zurück, um meine Selbstständigkeit zu betonen.
Diese Sätze verdeutlichen, wie das Streben nach Unabhängigkeit und Selbstständigkeit unsere Fähigkeit beeinträchtigt, uns anderen gegenüber zu öffnen und Unterstützung anzunehmen.

4. „Behalte die Kontrolle!” oder „Ich muss vorsichtig sein. Das Leben ist unsicher.”

Der Drang, die Kontrolle über unser Leben zu behalten und Unsicherheiten zu vermeiden, ist ein tief verwurzeltes Bedürfnis vieler Menschen. Sicherheit und Stabilität sind wichtige Faktoren für unser Wohlbefinden, doch wenn der Wunsch nach Kontrolle übermäßig wird, kann dies zu einem ständigen Zustand der Anspannung führen. Menschen, die stark vom Kontrollmotiv geprägt sind, versuchen, jede Situation unter ihre Kontrolle zu bringen und sind äußerst besorgt über mögliche Risiken und Gefahren. Sie delegieren ungern Aufgaben und treffen Entscheidungen oft nur schwer, da sie Angst haben, die Kontrolle zu verlieren. Diese übermäßige Kontrollsucht kann langfristig zu Selbstüberforderung und Burnout führen, da vollständige Sicherheit in einer unsicheren Welt nicht möglich ist. Es ist wichtig, einen gesunden Ausgleich zwischen dem Bedürfnis nach Kontrolle und dem Mut zum Loslassen zu finden, um inneren Frieden zu erlangen und mit Unsicherheiten umgehen zu können.
Beispiele hierfür sind:
  • Ich plane jede Aktivität im Voraus, um sicherzustellen, dass nichts schief geht.
  • Ich habe Schwierigkeiten damit, anderen zu vertrauen und gebe die Kontrolle ungern ab.
  • Es fällt mir schwer, spontane Entscheidungen zu treffen, da ich stets alle Eventualitäten im Blick haben möchte.
  • Ich überprüfe mehrmals, ob alles richtig gemacht wurde, aus Angst vor Fehlern.
  • Ich versuche, mein Umfeld zu kontrollieren, um unerwartete Ereignisse zu vermeiden.
  • Es ist mir wichtig, stets alles im Griff zu haben und keine Risiken einzugehen.
  • Ich fühle mich unwohl, wenn ich nicht genau weiß, was in meiner Umgebung passiert.
  • Ich bin sehr wählerisch bei der Auswahl meiner Aktivitäten und meide unbekannte Situationen.
Diese Verhaltensweisen verdeutlichen, wie der Drang nach Kontrolle unser Denken und Handeln prägt und uns daran hindert, flexibel auf die Herausforderungen des Lebens zu reagieren.

5. „Halte durch!” oder „Ich schaffe das.”

Das Streben nach Erfolg und Durchhaltevermögen sind wichtige Eigenschaften für den Erfolg, können jedoch gleichzeitig problematisch werden, wenn sie zu einem Zwang werden. Menschen, die stark vom Durchhaltevermögen getrieben sind, setzen sich oft enorm unter Druck, um ihre Ziele zu erreichen. Dies führt dazu, dass Pausen und Erholung vernachlässigt werden, und es fällt schwer, sich von unrealistischen Zielen oder unlösbaren Aufgaben zu trennen, was langfristig zur Erschöpfung führen kann.
Beispielsätze, die diesen Stressverstärker verdeutlichen, sind:
  • Es fällt mir schwer, mich auszuruhen und einfach nur zu genießen, da ich das Gefühl habe, immer etwas tun zu müssen.
  • Um meine Ziele zu erreichen, gebe ich nicht auf und arbeite hart.
  • Ich fühle mich unwohl, wenn ich keine klaren Ziele vor Augen habe und nicht weiß, was als Nächstes kommt.
  • Erfolge müssen hart erarbeitet werden, das ist meine Überzeugung.
  • Wenn ich eine Aufgabe begonnen habe, führe ich sie auch zu Ende, egal wie lange es dauert.
  • Ich strenge mich an, um meine Ziele zu erreichen, selbst wenn es mich viel Kraft kostet.
  • Ich glaube, dass die meisten Dinge nicht so einfach sind, wie viele meinen, und dass hartes Arbeiten notwendig ist, um erfolgreich zu sein.
Diese Verhaltensweisen verdeutlichen, wie das Streben nach Durchhaltevermögen unser Denken und Handeln beeinflusst und uns dazu bringt, uns übermäßig anzustrengen und unsere eigenen Bedürfnisse zu vernachlässigen.

In diesem Beitrag hast du erfahren, wie die fünf Stressverstärker funktionieren und welche Gedanken und Glaubensmuster unser Stresserleben prägen. Dies sind mächtige Einflüsse in unserem Leben, die unsere Wahrnehmung und unser Verhalten beeinflussen können. Wenn du nun wissen willst, welche Stressverstärker bei dir am ausgeprägtesten sind, dann bearbeite gerne den zugehörigen Selbsttest hier in der Mediathek. Im Anschluss daran erfährst du in einem weiteren Beitrag, wie du konstruktiv mit deinen persönlichen Stressverstärkern umgehen kannst.
Dieser Artikel wurde von Evermood erstellt und zuletzt am aktualisiert.
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