Trauer am Arbeitsplatz

Interview
Verlust, Trauer und Tod gehören unweigerlich zu unserem (Arbeits-)Leben dazu. Trotzdem werden diese Themen häufig im Arbeitskontext ausgeklammert und Führungskräfte, betriebliche Gesundheitsmanager:innen (BGM) und Personalverantwortliche hierzu nur selten oder unzureichend geschult. Doch welche Schwierigkeiten treten bei Trauernden im Arbeitskontext auf und wie können Führungskräfte richtig reagieren? Mit dieser und weiteren Fragen beschäftigt sich dieses Interview mit der Trauerbegleiterin und Resilienz-Coachin Nikola Gazzo.

Wieso bist du der Meinung, dass Verlust und Trauer im Arbeitsumfeld mehr Beachtung geschenkt werden sollte?

Mehr heißt von gar nicht, auf ein bisschen mehr (lacht). Dieses Thema wird ja in der Regel wirklich vollkommen ignoriert und man spricht hierüber nicht, weil dieses Thema sozusagen zum Privatleben gehört und am Arbeitsplatz ‘nichts verloren hat’. Das ist schonmal die erste Problematik.

Die zweite Problematik ist tatsächlich die, dass wenn jemand akut trauert - also wirklich einen Trauerfall erlebt hat - und nach 2 bis 3 Wochen an den Arbeitsplatz zurückkehrt, sich natürlich an der akuten Trauer noch gar nichts verändert hat. Die akute Trauer schließt richtige physische Beeinträchtigungen mit ein, das heißt also z.B. Konzentrationsstörungen, Essstörungen und Schlafstörungen. Mal ganz abgesehen von der Traurigkeit und das Betroffene u.a. auch Absencen haben. Und dann kommt ein:e Mitarbeiter:in eben wieder an den Arbeitsplatz und hat dann z.B. solche Aussetzer, muss spontan weinen oder kann sich einfach nicht konzentrieren. Das muss einfach ein:e Arbeitgeber:in berücksichtigen. Ich mache mal ein Beispiel: Eine Kollegin von mir hat in einer Führungsposition in der Bank als Investitionsberaterin gearbeitet. Hierzu gehört natürlich sehr viel geistige Konzentration und Publikumsverkehr dazu. Es ist nicht einfach wenn man Kund:innen hat, es einen dann überkommt und man anfängt zu weinen. Das ist dann nicht gerade geschäftsfördernd. Das muss einfach berücksichtigt werden.

Hat es vielleicht sogar negative Folgen, wenn mit trauernden Mitarbeiter:innen im Unternehmen falsch umgegangen wird?

Der Umgang ist ja eben meistens so, dass gerne ignoriert wird, weil keine:r einen Fehler machen will. Das ist so der Hauptpunkt. Mir ging es z.B. auch so, das ein Kollege zu mir gesagt hat: „Ich sage jetzt nicht herzliches Beileid.” Da habe ich mich gefragt:„Warum eigentlich nicht?” Das sind schon sehr formelle und vielleicht auch etwas kalte Sprüche. Aber es ist auf jeden Fall besser als nichts zu sagen. Das Wort Beileid beinhaltet ja auch ‘Ich bin bei dir, in deinem Leid’ und ist im Grunde eigentlich eine schöne Solidaritätsbekundung. Natürlich ist das eine Floskel, aber eine Floskel ist immer noch besser als nichts. Denn für die trauernde Person ist ja die Welt zusammengebrochen und nicht mehr so wie sie vorher war. Das darf einfach nicht ignoriert werden. Ich weiß jetzt nicht ob man sagen kann es wäre schädlich zu ignorieren, aber es tut auf jeden Fall weh, wenn es nicht wahrgenommen wird.

Gibt es noch andere Fehler, die begangen werden?

Mir ging es oft so - um es mal etwas zynisch zu sagen - das ich das Gefühl habe, Trauer oder ein schwerer Schicksalsschlag sei ansteckend. Wenn ein Mensch trauert, wir trauernden Menschen begegnen oder einem Teammitglied ein schwerer Schicksalsschlag passiert, dann kommt natürlich sofort die unterbewusste Perspektive: „Das könnte mir ja auch passieren.” Und dann wird es eben verdrängt. Das ist ein Schutzmechanismus, der total nachvollziehbar ist. Aber der trauernden Person hilft das wirklich nicht.

Ist dieser Schutzmechanismus ausschließlich hilfreich?

Für die Menschen, die nicht trauern, ist das eben ein Verdrängungsmechanismus: Den Tod gibt es nicht; Ich will damit nichts zu tun haben; Ich will nicht jeden Tag daran denken, dass mir zu jeder Zeit eventuell ein Stein auf den Kopf fallen oder mich ein Auto überfahren könnte. Das ist natürlich auch total logisch, weil ich mir nicht jeden Tag sagen kann: „Es könnte mein Letzter sein.” Obwohl es ja auch so einen Spruch gibt - Jede:r sollte so Leben als wäre es der letzter Tag oder carpe diem. Aber den Tod und seine Endlichkeit grundsätzlich zu verdrängen halte ich schon für problematisch. Also, dass wir uns mit dieser Endlichkeit überhaupt nicht auseinandersetzen wollen. Ich glaube dadurch trifft es uns umso schwerer, wenn uns dann tatsächlich etwas passiert. Tod, Trauer und Sterben sind ja auch in der Philosophie ganz große Themen. Klar hat jetzt nicht jede:r einen philosophischen Wälzer auf dem Nachttisch liegen, aber das sind einfach große, grundsätzliche, humanitäre Fragen. Und warum sollte man sich denen nicht ab und zu mal aussetzen?

Wie können es Führungskräfte im Prinzip richtig machen?

Ich würde schon sagen, dass sich eine Art Protokoll entwickeln lässt. Ein individuelles Protokoll, wie es den Führungskräften auch gut dabei geht. Mein Beispiel ist immer folgendes: In allen Firmen ist es Pflicht eine:n Gesundheitsbeauftragte:n zu haben, die bzw. der weiß, wo der Erste-Hilfe-Koffer ist und wo es Pflaster gibt. Und die bzw. der eben auch ab und zu mal - das habe ich in meiner Firma auch gemacht - einen Erste-Hilfe-Kurs auffrischt. Das sind auch Dinge, die Grenzsituationen voraussetzen, auf die man sich vorbereiten kann. Genauso kann sich eine Führungskraft wirklich auch darauf vorbereiteten, mit einem bzw. einer Trauernden umzugehen. Das heißt auch, vielleicht erst einmal ein paar Fragen zu stellen: Wie fühlst du dich, wie wir damit umgehen sollen? Dürfen wir fragen? Dürfen wir Details erfahren?

Das Problem, wenn alles nur ignoriert wird, ist eben, dass natürlich viele Spekulationen und die berühmte Gerüchteküche - oder der Flurfunk - auftreten und dann eben spekuliert wird. Deshalb ist es eigentlich ganz gut - und damit haben die meisten Trauernden wirklich kein Problem - auch zu sagen, an was die geliebte Person gestorben ist. Das muss jetzt nicht im Detail geklärt werden, aber man kann sagen: „Mein Mann hatte ein Herzinfarkt” oder „Mein Sohn hatte einen Motorradunfall.” Es ist schonmal ganz wichtig, dass eben auch abgeklärt wird, wie und ob die betroffene Person darüber sprechen möchte. Und ich würde jetzt mal sagen, in 90 % der Fälle haben Trauernde das Bedürfnis darüber zu sprechen und die Namen zu nennen.

Dann lernen Führungskräfte natürlich auch, wie in einem Betrieb - vielleicht sogar achtsam oder positiv - kommuniziert werden sollte. Darüber wird ja in Betrieben jetzt ganz viel gesprochen. Eine gewisse Achtsamkeit und das Zeigen von Empathie gehört eben auch dazu, wenn mit Trauernden kommuniziert wird. Sodass sich die trauernde Person eben auch aufgehoben und aufgefangen fühlt. Der Nebeneffekt von einem achtsamen Umgang mit Trauerenden wird wiederum sehr stark von den Kolleg:innen wahrgenommen, die nicht trauern. Weil sie dann ebenfalls - das spielt sich wahrscheinlich viel im Unterbewusstsein ab - plötzlich merken: „Wenn mir jetzt so etwas passieren würde, dann würde mit mir achtsam umgegangen werden.” Ich glaube das ist wirklich ein Geschenk, auch für die Stimmung in der Firma oder in der Abteilung.

Würdest du damit prinzipiell auch sagen, dass hierdurch die Bindung von den Mitarbeitenden zum Unternehmen und zum Team gestärkt werden kann?

Absolut, ja. Das glaube ich absolut.

Ist es denn schlimm, wenn sich jemand im Umgang mit Trauernden unsicher ist?

Naja, schlimm ist es eben tatsächlich, wenn daraus resultiert, dass die nicht akut trauernde Person dicht macht. Also wieder dieses Ignorieren folgt und gar nichts gesagt wird, anstatt ein bisschen formell Herzliches Beileid zu sagen. Oder anstatt eben zu sagen „Ich bin bei dir” und Empathie zu zeigen, oder wenn die trauernde Person mal rausgeht, z.B. einfach mal nachzugehen. Anstatt etwas zu sagen wie „Warum weinst du jetzt”, geht das alles auch nur mit der Gestik, ohne Sprache. So lässt sich auch signalisieren: „Ich interessiere mich dafür, was jetzt gerade bei dir passiert.”

Es gibt natürlich auch die Situation, das Trauernde ganz arg ablehnen. Weil sie das gerade nicht wollen, gerade nicht vertragen, gerade nicht in den Arm genommen werden wollen oder nicht wollen, dass man ihnen die Hand auf die Schulter legt. Das gibt es natürlich auch. Und das muss auch ein bisschen antizipiert werden - das gehört auch zu dem Protokoll dazu. Das man sich als Führungskraft darauf einstellt, dass der bzw. die Trauernde auch dicht machen kann. Dann sollte nicht negativ reagiert oder gedacht werden: „Dann mache ich jetzt nichts mehr.” Anstatt dessen einfach immer mal wieder versuchen, die Kommunikation herzustellen. Weil es manchmal einfach nicht geht und manchmal geht es dann wieder gut.

Wenn noch keine Schulung stattgefunden hat oder es noch kein Protokoll gibt - Wo können Führungskräfte Unterstützung oder Hilfe erhalten?

Also erstmal noch zur Unsicherheit: Man kann Trauernden auch sagen: „Ich bin unsicher”, „Ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll”, „Ich weiß nicht was ich sagen soll” oder „Ich bin sprachlos.” Manche Situationen machen ja einfach sprachlos, aber dann kann man das sagen und dann wird es auch gehört.

Das andere ist tatsächlich die Präsenz und die Empathie. Hier muss sich jede:r ebenfalls ein bisschen auf das eigenes Bauchgefühl verlassen. Vor allem, wenn der Trauerfall überraschend kommt. Eine gute Hilfe ist es hier, wenn unter den Mitarbeitenden die Person einbezogen wird, die dem oder der Trauernden näher steht. Ganz oft sage ich zum Beispiel: Wen hat denn die oder der Trauernde angerufen? Irgendwann muss man ja mal anrufen und Bescheid sagen, das etwas passiert ist. Oftmals machen Trauernde das schon so, dass sie einer Lieblingskollegin oder einem Lieblingskollegen Bescheid sagen und die reine Information sozusagen in Auftrag geben. Natürlich muss die trauernde Person dann mal die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einreichen und alles mögliche, aber die Person, die kontaktiert wurde, das ist eigentlich gleich die gute bzw. richtige (Kontakt-)Person. Weil es hier ein Vertrauensverhältnis gibt und das ist eben total wichtig.

Das heißt es ist sogar hilfreich, wenn erstmal nur ein Teammitglied mit der trauenden Person in Kontakt steht?

Ja, auf jeden Fall. Nachdem die Information des Trauerfalls angekommen ist, wäre es gut wenn - je nach Größe der Abteilung oder des Teams - relativ schnell eine Teamsitzung stattfinden würde. Denn natürlich gibt es auch ganz faktische Dinge zu lösen, da jetzt eine Person fehlt und nicht genau klar ist, wie lange eigentlich. Denn es besteht natürlich die Möglichkeit, sich länger freistellen zu lassen - auch mit psychologischen Gutachten - und da müssen natürlich auch organisatorische Dinge geklärt werden. Zu Beginn der Teamsitzung muss jedoch auf jeden Fall die Information gegeben werden, dass ein:e Mitarbeiter:in, oder die nahestehende Person eines Teammitglieds, verstorben ist. Da wäre es natürlich schon gut bzw. richtig, das auch einfach gesagt wird, wer wie, wo und wann verstorben ist. Das sollte möglichst nicht geheim gehalten werden, denn wie gesagt, dann geht die Gerüchteküche los und das ist sehr unangenehm.

Und eines darf auch nicht vergessen werden: Die Mitarbeitenden stehen eventuell unter Schock. Das kommt jetzt natürlich darauf an, wie nahestehend diese waren, aber auf der Arbeit sieht man sich jeden Tag … Ich hatte jetzt neulich einen Fall, da ist ein Mitarbeiter bei sich zu Hause gestorben - also nicht am Arbeitsplatz tot umgefallen, was auch passiert. Es gibt eben auch schlimme Situationen, z.B. das der Chef einen Herzinfarkt am Arbeitsplatz erleidet. Da muss eben wirklich gut kommuniziert werden, das Team muss sich austauschen und auch mal sagen: „Okay, jetzt legen wir mal alles hin, geben uns mal eine längere Kaffeepause und lassen auch die Gefühle ein bisschen frei.” Es muss einfach mehr darüber gesprochen und sich selbst eingestanden werden, dass man jetzt ganz durch den Wind ist. Das passiert halt einfach.

Wie wäre es, wenn es auch den Personen, die der oder dem Verstorbenen augenscheinlich nicht so nahe standen, schlecht geht. Ist das in Ordnung oder wäre es unfair zu sagen, sie dürften nicht auch davon betroffen sein?

Nein, da gibt es ja keine Regeln und das ist ja auch sehr persönlich, wie jede:r mit Trauer oder Tod umgeht. Ich glaube auch, dass es nahe Mitarbeitende mehr oder weniger schockieren kann. Das ist wirklich ganz, ganz individuell. Wir können ja nicht sagen, dass jemand professionell mit dem Tod umgeht. Also doch schon, z.B. Bestatter:innen. Daher würde ich sagen, alles ist erlaubt. Jede:r darf natürlich trauern, ist doch total klar. Wenn wir jetzt wirklich von einem Team ausgehen und einer Arbeitsroutine, ist es natürlich schon schwierig, wenn es auch mehrere Teams betrifft. Aber ich denke letztendlich, dass die paar Pausen, Gespräche und Teamsitzungen, so viel einbringen. Der return of invest, sozusagen. Wird achtsam mit Tod und Trauer am Arbeitsplatz umgegangen, dann kann sich das Team auch schneller wieder fangen. Darum ist es glaube ich auf jeden Fall ganz, ganz wichtig, langfristig offen mit Tod und Sterben umzugehen.

Ist es besser, offen damit umzugehen - vielleicht sogar offen dafür zu sein, Fehler zu machen - anstatt so zu tun als wäre nichts passiert?

Genau. Und um nochmal auf meine Bänkerin zurückzukommen - sie wurde natürlich versetzt. Sie wollte zurück zum Arbeitsplatz, denn Struktur ist ja für die Menschen, die zum Arbeitsplatz zurückkommen, unheimlich wichtig. Es gibt tatsächlich mehr oder weniger 2 Gruppen von Trauernden. Die eine Gruppe kann wirklich nicht arbeiten und hat dann eine langfristige Arbeitsunfähigkeit. Die Anderen wollen unbedingt zurückkehren, um ein bisschen was vom alten Leben und der Struktur zurückzugewinnen. Es gibt natürlich auch jene, die aus finanziellen Gründen zurück an den Arbeitsplatz müssen. Und wenn die, die eben Struktur brauchen, zurückkommen, jedoch aus dem Publikumsverkehr rausgezogen werden müssen, muss überlegt werden, wer an dieser Position einspringen soll. Die Investmentberaterin hat natürlich zu der Zeit nicht mehr viel zu Investmentdingen beraten, weil das einfach nicht ging. Das hat ja auch finanzielle Risiken für die Bank und für die Kund:innen - das muss schon auch berücksichtigt werden. Andere Situationen, über die seltener gesprochen wird, sind Arbeiter:innen die z.B. am Fließband stehen oder schwere (Arbeits-)Maschinen fahren. Da gibt es oft Arbeitsunfälle durch die Konzentrationsstörungen, die Müdigkeit und die Schlaflosigkeit. Da muss wirklich aufpasst werden, dass da nicht noch etwas zweites, schlimmes passiert. Da denken wir oft nicht so dran, weil wir immer so im Büro- und Computerkontext unterwegs sind. Aber Leute die wirklich physisch arbeiten, z.B. auf Baustellen, und deren Vorgesetzte müssen wirklich aufpassen.

Wie können Führungskräfte eine mögliche Versetzung oder Risiken der aktuellen Arbeitsposition an trauernde Mitarbeitende kommunizieren?

Also, ich glaube die Person selbst merkt das schon ganz deutlich. Das merkt man ja ziemlich deutlich, wenn man schlaflose Nächte hat. Das wird ja auch zum Teil medikamentös behandelt, d.h. manche Trauernden bekommen auch Beruhigungsmittel verschrieben. Da muss man einfach ganz offen damit umgehen. Ich glaube nicht, dass eine trauernde Person “beleidigt” ist, wenn man sie ein bisschen aus dem Verkehr zieht - das liegt meistens wirklich auf der Hand. Und auch da wieder: Offen damit umgehen. Wir hatten z.B. in unseren Trauergruppen auch Lehrer:innen, da war das auch eine Problematik. Also z.B. Lehrer:innen, die ein Kind verloren haben und Lehrer:innen von Kindern sind, die das gleiche Alter haben wie das verstorbene Kind. Das ist natürlich heftig. Das wird absolut von der Direktion her verstanden. Und es gibt ja ebenfalls Modelle - z.B. wenn eine Person langfristig krank gewesen ist - die Wiedereingliederungsmodelle. Da lässt sich wirklich ganz gut darauf zurückgreifen.

Also meinst du, dass der Impuls meistens eher schon von den Trauernden selbst kommt?

Ja, das würde ich schon sagen. Und wenn die Trauernden wirklich dicht machen und so tun als ob nichts gewesen ist - das kann schon auch passieren - dann muss man halt ein bisschen beobachten. Wie gut funktioniert das Verdrängen? Das kann schon auch sein, dass das Verdrängen zumindest für die 8-Stunden-Arbeitstage ganz gut funktioniert. Oftmals ist es so, dass dann eben wenn die betroffene Person aus der Arbeit rausgeht, die Schleusen wieder aufgehen. Insofern ist das glaube ich schon ganz gut, sich während den 8 Stunden Arbeit wirklich immer mal wieder eine Pause zu gönnen. Oder, dass die Führungskraft sagt: „Wenn du eine Pause brauchst, nimm sie dir einfach. Sag Bescheid du gehst weg - z.B. vom Schalter oder vom Schreibtisch - und wir wissen dann Bescheid.” Es geht wirklich unheimlich viel um Kommunikation und Information. Also wie geht es mir? Es wird dann sicherlich auch Tage geben, an denen Mitarbeitende einfach mal sagen: „Ich kann heute gar nicht kommen, weil ich die ganze Nacht geweint habe oder weil es mir wirklich nicht gut ging.” Das ist doch klar. Wichtig ist dann, damit als Führungskraft möglichst gut umzugehen.

Was würdest du Führungskräften zum Abschluss noch mit auf den Weg geben wollen?

Vielleicht als allererstes, sich wirklich einmal mit dem Tod und mit dem Sterben auseinanderzusetzen, denn das machen tatsächlich viele Leute nicht. Wenn man wirklich noch nie einen Trauerfall in der Familie hatte - das gibt es natürlich, das streite ich gar nicht ab - sich einfach ein bisschen präventiv damit auseinandersetzen. Das finde ich ganz wichtig, da komme ich wieder auf meinen Erste-Hilfe-Kurs zurück: Natürlich wünscht sich keine:r, dass er oder sie eine Herzmassage am Arbeitsplatz machen muss, weil jemand einen Herzinfarkt erlitten hat. Doch das kann vorkommen. Deshalb muss man sich einfach vorbereiten. Ich habe vorhin von der Wiedereingliederung gesprochen - da gibt es ja auch Führungskräfte-Weiterbildungen, sowie im betrieblichen Gesundheitsmanagement. Ich versuche ja jetzt schon fast seit Jahren das Thema Tod und Trauer am Arbeitsplatz - mit einem Modul, das müssen nicht mehr als 3 Stunden sein - anzuregen. Dass die Führungskräfte z.B. mal gefragt werden: „Was würden Sie denn machen, wenn ein:e Mitarbeitende:r Tod umfällt, einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall hat?” Und wenn eine Person im BGM oder im BEM arbeitet, sich eben auch ein bisschen damit auseinanderzusetzen, was Tod und Sterben ist. Es gibt darüber auch wahnsinnig viel Literatur, also kann man auch mal was lesen. Es gibt auch Bücher zum Thema Wenn Kolleg:innen trauern - man kann da präventiv also schon ganz schön viel tun. Wie gesagt, mein Plädoyer ist, dass eigentlich alle Führungskräfte - aber vor allem natürlich Führungskräfte, die sich mit Betrieblichem Gesundheitsmanagement befassen - mal einen halben Tag über das Thema sprechen und fortbilden. Aber ich finde, natürlich auch Führungskräfte in kleinen und mittleren Unternehmen, wo der Chef oder die Chefin nicht immer eine ausgebildete Führungskraft ist, sollten sich wirklich alle mit dem Thema präventiv auseinandersetzen.

Das war das Interview mit Nikola Gazzo zum Thema Trauer am Arbeitsplatz. Möchtest du dich tiefergehend mit diesem Thema befassen, so stehen dir hierzu weitere Inhalte in dieser Mediathek zur Verfügung. Beschäftigt dich dieses Thema gerade, kennst du eine Person die akut trauert oder betrifft dich dieses Thema persönlich? Dann stehen dir die hier aufgeführten Ansprechpersonen jederzeit mit offenen Ohren zur Seite!
Dieser Artikel wurde von Evermood erstellt und zuletzt am aktualisiert.
Universität Stuttgart

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