Menstruation: Zwischen Stigma & Akzeptanz

Beitrag
Hast du dich schon einmal gefragt, warum die Menstruation immer noch von Tabus umgeben ist und nur selten offen mit ihr umgegangen wird? In diesem Beitrag erfährst du, welche gesellschaftlichen Tabus heutzutage noch existieren und wie Sprache sowie Verhalten die Wahrnehmung und Diskriminierung rund um die Menstruation beeinflussen können. Außerdem bekommst du Einblicke in positive Veränderungen von Einstellungen und Meinungen, die im Laufe der letzten Zeit stattgefunden haben.
Hinweis: Viel zu oft wird die Menstruation nur mit Mädchen und Frauen verbunden. Doch nicht alle Frauen menstruieren und nicht alle, die menstruieren, identifizieren sich als Frauen. Auch Trans-, non-binäre oder geschlechtsneutrale Personen können monatlich bluten. In diesem Beitrag wird deshalb der Begriff menstruierende Menschen oder menstruierende Personen verwendet. Damit sind Frauen und weitere Gruppen mit Menstruationserfahrungen gemeint. Grundsätzlich richtet sich dieser Beitrag explizit an alle Personen, unabhängig davon, ob sie menstruieren oder nicht.

Der Menstruationszyklus als Tabu-Thema

Es gibt viele Beispiele, die auf die fortlaufende Tabuisierung des Menstruationszyklus hinweisen und oft von externen gesellschaftlichen Einflüssen geprägt sind:
  • Sprachliche Zurückhaltung: Die Art und Weise, wie wir über (uns) Menstruierende und den Menstruationszyklus sprechen, ist oft geprägt von euphemistischen Ausdrücken wie meine Tage oder Erdbeerwoche, die wir vielleicht flüsternd verwenden, wenn wir nach einem Tampon fragen. Dieses vorsichtige Sprechen und die Verniedlichungen tragen zur Tabuisierung bei.
  • Verhalten im Zusammenhang mit der Menstruation: Unser eigenes Verhalten, das sowohl durch die Gesellschaft als auch durch die Angst, Diskriminierung zu erfahren, geprägt wird, verstärkt ebenfalls dieses Tabu: Warum verstecken wir Tampons auf dem Weg zur Toilette? Warum nehmen wir zyklische Veränderungen in unserer Stimmung oder Energie nicht ernst?
  • Gaslighting bei emotionalen Reaktionen: Emotionale Reaktionen während der Menstruation werden von Außenstehenden oft als übertrieben oder ungerechtfertigt dargestellt, obwohl dies nicht der Fall ist. Dies kann dazu führen, dass die Betroffenen an ihrem eigenen Verstand oder ihrer emotionalen Stabilität zweifeln.
  • Begrenzte medizinische Optionen: Die Anti-Baby-Pille wird immer noch häufig als die einzige medizinische Lösung für zyklische Beschwerden dargestellt, was auf einen Mangel an Forschung hinweist. Leider werden diese Beschwerden oft abgetan und nicht ernst genug genommen, was unter anderem dazu führt, dass viele Betroffene keine angemessene Unterstützung erhalten.
  • Unvollständige Darstellungen in Biologiebüchern: Biologiebücher bilden immer noch nicht die gesamte Anatomie der weiblichen Geschlechtsorgane ab, was zu einem unvollständigen Verständnis und falschen Vorstellungen beiträgt.
  • Gender Data Gap in der Forschung zur Frauengesundheit: Historisch gesehen wurden Frauen in klinischen Studien und bei der Datenerhebung oft unterrepräsentiert oder sogar ganz ausgeschlossen. Leider besteht dieses Problem bis heute fort und hat zur Folge, dass entscheidende Aspekte der Frauengesundheit nicht ausreichend erforscht werden. Das wiederum führt dazu, dass menstruierende Personen nicht die qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung erhalten, die sie dringend benötigen.

Positive Veränderungen im offenen Umgang mit der Menstruation

Entgegen den zahlreichen Beispielen, die Menstruation nach wie vor stigmatisieren, gibt es einige positive Anzeichen, dass sich der Umgang mit diesem Thema allmählich wandelt:
  • Soziale Medien: In den sozialen Medien wird zunehmend offener über Menstruation diskutiert. Menschen teilen ihre Erfahrungen und kämpfen gegen Vorurteile und Tabus.
  • Vielfalt von Menstruationsprodukten und Steuersenkung: Die Vielfalt von Menstruationsprodukten wächst stetig, was zeigt, dass die Nachfrage nach alternativen Lösungen vorhanden ist. Außerdem wurde beispielsweise im Jahr 2020 mit der Senkung der Luxussteuer auf Menstruationsprodukte von 19 % auf 7 % in Deutschland oder mit der Senkung der Umsatzsteuer auf Damen-Hygieneartikel von 20 % auf 10 % in Österreich ein weiterer Schritt in die richtige Richtung gemacht.
  • Aufregung um Pinky Gloves: Bei den Pinky Gloves handelte es sich um pinke Einweghandschuhe, die übergezogen werden können, um einen Tampon oder eine Binde zu entfernen und das benutzte Hygieneprodukt anschließend darin eingewickelt zu entsorgen. Im Jahr 2021 führte die breite gesellschaftliche Empörung über Pinky Gloves dazu, dass sie vom Markt genommen wurden. Dies unterstreicht, dass Menschen keine diskriminierenden Produkte mehr akzeptieren.
Neben den bereits beschriebenen positiven Veränderungen gibt es einen weiteren Bereich, in denen Fortschritte in die richtige Richtung erkennbar sind. In der Medizin werden gynäkologische Erkrankungen wie Endometriose, das polyzystische Ovarialsyndrom und die prämenstruelle dysphorische Störung immer besser erkannt und diagnostiziert. Zudem gibt es innovative Ansätze wie beispielsweise Apps zur Unterstützung bei Endometriose. Diese Entwicklungen kommen zweifellos den Betroffenen zugute – allerdings besteht nach wie vor die Herausforderung, dass in vielen Fällen keine oder falsche Diagnosen gestellt werden.

Zusammenfassend können wir die Stigmatisierung der Menstruation überwinden, indem wir offen sprechen, unsere Sprache ändern, aufklären und vor allem mit Empathie und Respekt auf die Bedürfnisse und Erfahrungen von Menstruierenden eingehen. Auf diese Weise können wir eine inklusivere und unterstützendere Gesellschaft schaffen, in der Menstruation als das betrachtet wird, was sie ist: ein natürlicher und unverzichtbarer Bestandteil des menschlichen Lebens. Informiere dich gern weiterführend in der Mediathek, wenn du genauer wissen möchtest, wie diese Stigmata aufgebrochen werden können oder wie du richtig auf diskriminierendes Verhalten reagieren kannst. Außerdem stehen dir die hier hinterlegten (psychologischen) Ansprechpersonen bei Fragen und Anliegen jederzeit – auf Wunsch auch anonym – zur Verfügung.
Dieser Artikel wurde von Evermood erstellt und zuletzt am aktualisiert.
Universität Stuttgart

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